Donnerstag. den 16. Februar und > >>

 

kom.aus D>

Jetzt, wenn die Sonne uns freut im Winter und die Vögel bei uns sind
im grauen Gespinst der Zweige
danken wirs ihr einfach dazusein.

und sonst nichts.

Der Veranda Glück auch im Februar.

Den Sommer im Sinn mag uns helfen
Dort wo sie oft gegangen zuletzt
zu erinnern nur den Kopf aus dem hohen Grass nun
von Haus zu Haus über Wiesen durch Blumen und Koppeln, wie früher übers Feld mit Hund.

So wie sie dabei war im Cafe Zilm wieder, nun bald im Film.
Und Sie kann sagen, dass sie dabei gewesen ist.
Auch, wie dieser Film, so wie auch die Worte der Freunde nun, nachdem sie ihn gesehen und gehört haben, verstanden werden kann, sollte so sein, dass er dem Ende all dieser Dinge um uns auch jetzt standhält.

Angenommen. Bestanden.
Gesang geworden.

Um Verzeihung bittend, was denen angetan,
das mitzutragen.

Lieber Herr Syberberg,
ich danke für die Übersendung des Films, den ich erst gestern sehen konnte. Die Ablehnung durch die Biennale bleibt ein großer Fehler und ein Affront gegen Sie und gegen die Form, die Sie gewählt haben, die nichts mit der heute so beliebten Filmästhetik zu tun hat. Aber gerade da sollten die Zuständigen hellhörig und hellsichtig sein. Sie überschreiten mit ihrem Film natürlich ein gewisses Vermögen, die Dimension dieser Art von "Heimatfilm" zu erfassen. Und beweisen, dass man nicht Millionen-Budgets benötigt, um Sunbstantielles zu schaffen. Möglicherweise ist dieses kreative Vermögen eines über Achtzigjährigen, das eigentlich den Jungen Möglichkeiten bieten sollte, aus "nichts" etwas zu machen und nicht auf die berühmten Sponsoren zu warten, das Unheimliche, was man nicht bewerten will.
Ich jedenfalls bin begeistert.
Die herzlichsten Grüße, auch an Ihre Frau
Eugen Blume

Prof. Dr. Eugen Blume

Lieber Herr Syberberg,

das Schönste in Ihrem Film ist, dass man Ihre Stimme hören kann. Sie ist schön, so wie sie ist. Natürlich ist sie anders als in den vorherigen Filmen, zerbrechlicher und wird manchmal zu einem Flüstern. Aber es ist auch schön, dass sie hier so großzügig zu hören ist. Sie erzählt, wie alles begann, erklärt, kommentiert die Bilder und Töne. Wie die Stimme Virgils, die durch die Kreise der Hölle führt. Gäbe es nur geschriebenen Text in Form von Kommentaren, Titeln, Untertiteln etc., was bei Ihren Filmen oft der Fall ist, wäre der Eindruck “kälter” und unpersönlicher. Die Zerbrechlichkeit der Stimme würde verloren gehen.

Vielleicht hat mich dieser Film deshalb an “Winifred Wagner” erinnert, in dem auch Ihre Stimme zu hören ist, wenn auch weniger als hier. Auch wenn diese Assoziation auf den ersten Blick sinnlos erscheinen mag, weil es sich um zwei sehr unterschiedliche Filme handelt, sie ist vielleicht nicht ganz unbegründet. Schließlich wird Winifred Wagner in Ihrem gleichnamigen Film nicht so sehr als isolierte Person gezeigt, sondern als Person in einem Beziehungsgeflecht, in dem sie sich befand. Auch der Film "Demminer Gesänge" zeigt ein Beziehungsgeflecht, das hilft, eine Idee zu verwirklichen. Man ist angewiesen an andere. Einige sind da, weil sie wissen, wie man ein Zelt aufstellt, andere sind da, weil sie auf eine andere Art Unterstützung bringen. Frau Helga, die bisher als Übersetzerin etwa in "Syberbergs Filmbuch” angegeben war oder der Sie einige Ihrer Bücher gewidmet haben, bekommt hier endlich ein Gesicht, manchmal sogar eine Stimme, wie in jenem wunderbaren Moment im ersten Teil des Films, wenn ihr beide am ersten Abend nach der Eröffnung der Installation auf dem südlichen Teil des Stadtplatzes gemeinsam gehet und leise darüber streitet, wie es war.

In dem Film mit Winifred Wagner wiederholte Ihre Stimme immer wieder die Worte: “Erinnern wir uns...". Die Wiederholung hatte etwas Musikalisches, wie der Refrain eines Liedes. Aber sie hatte auch die Funktion eines Appells, einer Art methodischen Werkzeugs, das uns helfen kann, uns nicht zu verirren und dem Vergessen zu verfallen. Die Stimme im Film "Demminer Gesänge" wiederholt nicht explizit, dass wir uns an etwas erinnern sollten, sondern erinnert uns einfach an das Geschehene. Hier und da macht sie auf Ihr Tagebuch aufmerksam, dem Teile dieses Films gewidmet sind. Da es sich um das Durchblättern des Tagebuchs handelt, erinnerten mich solche Stellen ein wenig an Ihre Filme, in denen das Lesen aus einem Buch zu sehen ist, obwohl Ihre Stimme hier nicht wörtlich liest, was im Tagebuch steht.

Beim Anschauen von "Demminer Gesänge" habe ich darüber nachgedacht, warum Sie gerade einen Film über dieses Thema machen wollten, als ob das Tagebuch nicht genug wäre. Mir scheint, dass der Film einerseits eine Möglichkeit war, den Demmin-Komplex vom „Projekt Nossendorf“ zu trennen und seine Einzigartigkeit und Unabhängigkeit zu zeigen. Andererseits ermöglicht der Film eine Art Linearität, die in einem Tagebuch im Internet verloren geht. Im Tagebuch gibt es viel über Projekte in Demmin, aber verstreut. Schließlich bot der Film die Gelegenheit, Ton bzw. Musik in den Vordergrund zu rücken (insbesondere die berührende Aufnahme von Marlies Haman am Harmonium). Ton und Bild können natürlich auf Internetseiten hochgeladen werden, aber wenn sie im Film zusammengesetzt sind, wird ihre Beziehung in einer gewissen Weise bestimmt. Die Abschiedsszene mit MH, die am Ende beider Teile des Films auftaucht, rundet ihn nicht nur formal ab, sondern ist auch in dieser Hinsicht sein Zentrum. (Die Szene des Singens im Café Zilm hat natürlich auch meine persönlichen Erinnerungen wachgerufen. Ich bin dankbar, dass ich mitmachen durfte.)

Schließlich hat mir auch gefallen, dass Sie den Film „Gesänge“ genannt haben. Es ist ein vieldeutiges Wort. Gesang kann etwas Gesungenes sein, aber auch etwas Dichterisches (wie etwa bei Pound). Insofern lauscht der Film dem, was die Stadt von sich gibt, lauscht ihren Stimmen. In manchen Filmen von Ihnen (z.B. in "EC liest Joyce") wird Ihre Rolle im Abspann als die Rolle desjenigen bezeichnet, der etwas "aufgenommen" hat. Dasselbe scheint mir hier der Fall zu sein. Gleichzeitig ist es aber auch die Rolle desjenigen, der auf der Leinwand erscheint, der sich im Beziehungsgeflecht der anderen befindet. Insofern ist der Film auch eine Art Autobiografie. Das Spiel zwischen der Stimme aus dem Off und dem Bild, auf dem Sie zu sehen sind, scheint mir neu in Ihrer bisherigen Arbeit zu sein. Es ist ihr Unterschied, der dem Film seine Dynamik verleiht. Obwohl der Film versucht, viel zu sagen und zu erklären, zeigt er auch, wie etwas nicht gesagt werden kann.

Die Tatsache, dass es heute ein Tabu geworden ist, Filme über Versöhnung zu machen und anzuschauen, spricht Bände über die Welt, in der wir leben.

Herzlichen Grüß,

Ihr

Dalibor Davidovic

Musikakademie Zagreb
Universität der Künste Berlin

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