Montag, den 5. September

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Kom. aus Zagreb/Ragusa
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spät in der Nacht kam dieser Text aus der On-line Ausgabe der FAZ zugeschickt auf den Tisch. Was für heute vorgearbeitet war, von der Seite fegend.

Seltsam, doch eher nicht, dass dieser Schluss des langen Weges, der da mit Musiken durch das Leben führte nun einzig solche Reaktion auslöst. Die Musik stand von Anfang an wichtigen Stellen der Filme, die hier entstanden. Mozart bei Hitler und sogar der Parsifal von Richard Wagner bei Hitler, von Ludwig aus Bayern herkommend, alles erklärt warum und manchmal mehr als Worte sagen können und sollen. Und Bach dann alles zusammen aufnehmend. Aber wir bewegen uns nicht nur in historischen Gefilden. Auch Heute ist die Musik und nicht nur auf den Schlachtfeldern wie früher ein Teil des Geschehens. Erzählt und dolumentiert wird von Furtwänglers leztem Konzert in der Oper in Berlin, das danach unter den Bomben zusammenfällt, als ein Besonderes und von den Konzerten nach dem Krieg schon bald in den Ruinen München erzählten alle als unvergleichlich. Auch Rostopovitsch spielte Cello an der eben gefallenen Mauer 1989 in Berlin. Dafür ist Musik da, könnte man sagen, teuer denen, die dabei waren. Überlebend.

 

Hier nun im Radio am Ende dieses Weges durch die Filme des Lebens mit Musik, aus der damaligen DDR Brechts und Felsensteins kommend und oft mit Musik von Svatoslav Richter aus Moskau, wenn er das ganze Wohltemp. Bachs spielt. nun in Die Nacht, nach Amon Düül mit Motorrädern in Kleistschen Geschichten durch Bayern und einem jodelnden König aus Bayern als Wierdauferstehungs-Musik. Aber das interessierte den Berichterstatter in der FAZ weniger. Sein Interesse gilt dem Ende des Parcours nämlich das auch zitierte Konzert in Palmyra nach seiner Befreiung von den Terroritsten, die dort noch eine Woche zuvor am selben Ort, auf der Bühne des antiken Theaters Gefangene durch Kinder mit Genickschuss öffentlich per Inernet erschiessen liessen. Nun das Konzert Gergievs an eben diesem Ort.

Damals erlebten die Zuschauer der Welt die ebenfalls öffentlich übertragenden Vernichtungen der Bauten des alten Palmayra mit den Geschichten ihrer Bedeutung durch Jahrhunderte als Aufschrei der Kultur, eins nach dem anderen, und die Tötung des letzten Hüters dieser Welten, die internationale Aufmerksamkeit verstand nicht, warum die Amerikaner, auch dort im Kampf zu Land und in der Luft nicht eingriffen, erst als die Russen kamen, eroberten sie den Ort mit hohen Verlusten. Und als sie den Sieg dort feierten, auch mit Bach, war es mehr als Erleichterung. Die Medien des Westen schwiegen und die zuständigen Kulturfunktionäre hier ordneten das beiseite schauend ein als unziemliche Propaganda.

Ich, aus dem Pommern, Vorpommern zwischen Stralsund und Greifswald nahe Demmin kommend, das 1945 abbrannte am letzten Tag des Krieges, mit über tausend Toten, Frauen und Kindern, vor der Roten Armee flüchtend in die drei Flüsse um die Stadt, deren Brücken gesprengt waren, voll Flüchtlingen des Ostens, erlebte die Russen anders, auch auf dem Dorf, wo wir die Stadt brennen hörten und die stummen Schreie in der Luft hingen, neben uns jede Nacht danach, erlebten die Ankunft der Russen anders. Lange hing dies über Stadt und Land hier, zuerst im nun selbstverordneten Schweigen, noch heute inden Plattenbauten, die auf den Ruinen entstanden. Und als die Feiern der Befreiung noch gegenwärtig nach dem Fall der DDR jeden 8. Mai hier mit Kränzen für die toten Russen und Konfrontationen, auf der einen Seite die mit den Trommeln des Toten-Gedenkens und auf der anderen Seite die bunten Luftballons der "Befreiung"nicht aufhörten, dazwischen Hundertschaft aus der Republik, die da für Ordnung sorgten, zuletzt mit Sexpuppen in der Peene der Toten, da riet ich am Anfang Mai zu einem Requiem in der Kirche, das Mozarts, gesungen von den Bürgern der Stadt. Das half. Am Ende standen sie alle sie still, auch die der Kränze sonst, und die Trommeln schwiegen. Wer wollte da von Instrumentalisierung schreiben oder Proaganda. Ja, für die Ruhe, eine produktive. Mozart war stärker als alles dies. Da kann man anfangen.

Daher kommend, auch im Radio erzählt, zur Geschichte der Stadt, entstand die Erwähnung Palmyras als ein anderes Signal an der Stelle solchen Geschehens. Was, wenn die Russen 1945 mit Bach gekommen wären. Und nun in der Ukraine hören wir sie nicht mehr so. Keine Siegesfeier mit Gergiev. Nach Palmayra beschimpft oder mit betretenem Schweigen verhöhnt - warum sollten sie. Was für ein Verlust.

Seltsam, sich heute so wiederzufinden in dem Versuch Palmyra zu verstehen als Geste eines Mächtigen endlich seinen Sieg mit der Musik Bachs zubesiegeln. Kindlich - wünscht ichs mir, naiv eher nicht. Getäuscht, enttäuscht - sollten wir uns nicht leisten.

 

 

 

 

 

Diese Musiken hier in den Filmen sind nicht selbst in Auftrag gegeben, nicht selbst dirigiert und der Noten nicht kundig, Teil erlebten Tuns in Bildern oft selbst fotografiert und mit Worten, eigenen und geliehenen, oft Protest, rettend, besetzt und in neuen Verbindungen verwendet, instrumentalisiert und mehr nach Bachs Rat als soli deo gloria verstanden und gebraucht. Erfreut wenns gelingt, andere auch so sehen und hören und gebrauchen, die das können. Traurig und entsetzt, wenns nicht geschieht, was vielleicht nur die Musik noch vermag.