Fragwürdige Finte

Der Beschluss der Kammer erreichte die zuständigen Behörden in Bochum und Düsseldorf allerdings erst, als Sami A. am vergangenen Freitagmorgen schon im Abschiebeflieger nach Tunesien saß. Vorausgegangen war der Nacht-und-Nebel-Aktion eine fragwürdige Finte der Exekutive: Nach SPIEGEL-Informationen hatte das nordrhein-westfälische Flüchtlingsministerium zuvor das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen absichtlich über die geplante Abschiebung im Dunkeln gelassen.

Auf Anfrage des Gerichts, ob eine Abschiebung für den 12. Juli geplant sei, hatte das Ministerium die Frage via Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) verneinen lassen. Gleichzeitig verschwieg es, dass eine Abschiebung für den Tag darauf geplant war - und suggerierte dem Gericht damit, es habe noch Zeit für eine Entscheidung. Das war nicht der Fall.

Auch als das Gericht die Behörden am Freitagmorgen dann über seine Entscheidung informierte, brachen diese die Abschiebung nicht ab. Das Gericht übte daher scharfe Kritik an dem Vorgehen, die Rede war von einem "erkennbaren Verstoß" gegen geltende Gesetze, es seien "Vorschriften ignoriert" worden und eine "grob rechtswidrige Abschiebemaßnahme" erfolgt - und zwar "sehenden Auges".

Das Gericht verfügte außerdem, dass der Tunesier auf Kosten des Steuerzahlers nach Deutschland zurückgeholt werden muss. Dagegen wehren sich die Ausländerbehörden; die Entscheidung liegt beim Oberverwaltungsgericht Münster. Es wird in rund vier Wochen über den Fall entscheiden.